Ein Geringverdiener teilte faktisch sein zur Verfügung stehendes Nettoeinkommen i.H.v. 11.937 € mit seiner mittellosen mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden Lebenspartnerin. Wegen dieser Haushaltsgemeinschaft und weil dieser Nettoeinkommen in sozialrechtlicher Hinsicht zu hoch ist, erhielt die Lebensgefährtin keine Sozialhilfe. Trotzdem wandte das Finanzamt die so genannte Opfergrenze an und wollte die Unterhaltsleistung von den beantragten 7.188 € auf 2.741 € senken, sodass der Geringverdiener letztendlich mit 657 € Einkommensteuer belastet wurde. Die Opfergrenze beschränkt die steuerlich ansetzbaren Unterhaltsleistungen für gesetzlich Unterhaltsberechtigtete in einem komplizierten Berechnungssystem im Streitfall letztendlich auf 23% des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens.
BFH beendete im Urteil vom 29.05.2008 (III R 23/07) den unhaltbaren Zustand, dass sich zwei von einander völlig unabhängige staatliche Unterstützungssysteme gegenseitig aushebeln: Die Sozialverwaltung erkennt den Sozialhilfeanspruch ab, da sie mit ihrem Lebensgefährten in Lebensgemeinschaft lebte, der zwar erbärmlich wenig aber im Rahmen dieser Prüfung genug verdient. Die Finanzverwaltung hält aus fiskalischen Gründen stur an einer auf diesen Fall überhaupt nicht passende Regelung (Opfergrenze) und gesteht der mittellosen Person einen steuerwirksamen Unterhaltsbeitrag ihres Lebensgefährten von sage und schreibe 2.741 € jährlich zu, das sind im Monat etwas mehr als 220 €. Dieses Verfahren bis zum Bundesfinanzhof zu treiben, würde aufrechten Bürgen die Schamesröte ins Gesicht treiben, nicht aber Beamten, die sich auf die ministerielle Anordnung vom 28.03.2003 (BStBl I 2003, 243) berufen können, das die Opfergrenze auch in diesen Fällen für anwendbar erklärt. Das Urteil zeigt einmal mehr, wie dringend notwendig eine Zusammenführung der Steuer- und Sozialverwaltung in einem einheitlichen Unterstützungssystem ist.
In einem weiteren Revisionsverfahren hat der BFH im Urteil vom 17.12.2009 (VI 64/08 vormalig III R 71/08) die Anwendung der Opfergrenze auch für Zahlungen des Vaters an die bedürftige Mutter eines nichtehelichen Kindes ausgeschlossen. Der neu zuständige 6. Senat ist darüberhinaus der Auffassung, dass dem verdienenden Partner auch kein verfügbares Einkommen in Höhe des steuerrechtlichen Existenzminimums verbleiben muss, da im Rahmen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufzuteilen ist. Gehört jedoch ein gegenüber dem Unterhaltszahlenden ein gemäß § 1615l Abs. 3 Satz 3 BGB bevorrechtigt unterhaltsberechtigtes Kind zur Haushaltsgemeinschaft, ist bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens der mit dem Lebensalter ansteigende Mindestunterhaltsbedarf dieses Kindes abzuziehen.
aktualisiert 14.07.2020
RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München www.msa.de eller(at)msa.de
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