Vorsteuerabzug: Unternehmer können sich zu Ihren Gunsten auf die Handelsüblichkeit der Leistungsbezeichnung in Rechnungen berufen.

Laut BFH darf der Klammerzusatz in § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG (handelsübliche Bezeichnung) jedoch EU-rechtskonform die Anforderungen an den Vorsteuerabzug aus Rechnungen nicht verschärfen.

Der BFH hat im Urteil vom 10.07.2019 (XI R 28/18) klar herausgestellt, dass der Klammerzusatz „handelsübliche Bezeichnung“ in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG unionskonform dahingehend auszulegen ist, dass keine zusätzliche Verschärfung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vom deutschen Gesetzgeber aufgestellt werden wollte. Es genügt also jede Bezeichnung der Art und Menge der gelieferten Gegenstände den formellen Vorsteuerabzugsvoraussetzungen, die unter die unionsrechtliche Definition „Menge und Art der gelieferten Gegenstände“ fällt. Der EuGH hat im Urteil Barlis 06 vom 15.09.2016 (C‑516/14, EU:C:2016:690, Rz. 25) deutlich gemacht, dass Rechnungen nur die in Art. 226 genannten Angaben enthalten müssen. Die Prüfung, ob dies im Einzelfall erfüllt ist, obliegt der jeweiligen Tatsacheninstanz.

Im entschiedenen Verfahren wurden die Artikel lediglich mit Angaben wie Tunika, Hosen, Blusen, Top, Kleider, T-Shirt, Pulli, Bolero bezeichnet, wobei die einzelnen Kleidungsstücke meist deutlich unter 10 € bepreist waren. Der BFH hat für das Niedrigpreis-Segment anerkannt, dass der Aufwand für den Rechnungsaussteller, die Leistungsgegenstände bei Großeinkäufen verschiedener Waren bei geringen Stückpreisen in der Rechnung zu konkretisieren, nicht unverhältnismäßig hoch sein darf.

Das abgeschmetterte Urteil des Hessischen Finanzgerichts ging von falschen Rechtskenntnissen aus und war daher aufzuheben. Irritierend sind allerdings die Vorgaben des BFH zur erneuten Tatsachenentscheidung durch das Hessische Finanzgericht. Er fordert das FG auf, die erforderlichen Ermittlungen zur handelsüblichen Bezeichnung der gelieferten Gegenstände, und zwar möglicherweise unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen, zu tätigen. In dem Urteil ist weder eine klare Linie noch eine nützliche Handhabe für die Praxis zu erkennen. Das Thema wird daher die Gerichte weiter beschäftigen.

Nach einem weiteren Urteil vom 15.10.2018 (V R 29/19) hat der BFH als Leistungsbeschreibung „Trockenbauarbeiten“ ausreichen lassen, wenn gleichzeitig das Bauvorhaben angegeben wurde. Dies ist für die Identifizierung der Leistung ausreichend. Großzügig hat der BFH im gleichen Urteil entschieden, dass auch die Angabe des Rechnungsdatums als Bezeichnung des Leistungszeitraums genügt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Werklieferung oder Werkleistung im Monat der Rechnungsstellung erbracht wurde.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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