Unter gewissen Bedingungen ist die Vorsteuer aus Rechnungen an Unternehmensgründer bei der später errichteten Kapitalgesellschaft steuerlich abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass aus der Sicht der später gegründeten Gesellschaft ein Investitionsumsatz vorliegt und die Gesellschaft selbstverständlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gleiche gilt, wenn die Gründung fehlschlug. Als Investitionsumsatz gelten alle Leistungen, die der Zielgesellschaft zugute kommen oder – im Fall des Scheiterns – könnten. Dies wurde im BMF-Schreiben vom 12.04.2022 (III C 2 - S 7300/20/10001 :005) von der Finanzverwaltung endlich anerkannt und in Abschnitt 5.2.b) UStAE als neuer Absatz 4 hinzugefügt. Nach sechseinhalb Jahren hat damit die Steuerbürokratie die Grundsätze des BFH-Urteils vom 11.11.2015 (V R 8/15) übernommen, das wiederum an die EuGH-Grundsätze im Urteil vom 29.04.2004 (Rs. C-137/02)angeknüpft hatte.
Für Rechnungen an eine Vorgründungsgesellschaft, die vor Unterzeichnung des notariellen GmbH-Vertrages im Hinblick auf die spätere Geschäftstätigkeit aktiv wird, hatte der BFH den Vorsteuerabzug bereits im Urteil vom 15.07.2004 (V R 84/99) anerkannt – ebenfalls gegen den Widerstand der Steuerverwaltung. Diese sträubt sich generell in jedem irgendwie denkbaren Fall, die konsequente richtlinienkonforme Rechtsprechung von EuGH und BFH zum Vorsteuerabzug zu übernehmen. Vermutlich trauern die Bundesbeamten immer noch dem einfacheren Allphasenumsatzsteuersystem von vor 1968 nach, als die Finanzverwaltung überhaupt keine Umsatzsteuern auszahlen musste und selbstverständlich der Milliardenbetrug der Umsatzsteuerkarusselle systembedingt ausgeschlossen war.
RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de