Rangrücktritt für ein Gesellschafterdarlehen erhöht im Regelfall sofort den Gewinn.

Laut BFH-Urteil vom 15.04.2015 wird der Gewinn jedoch durch eine verdeckte Einlage in Höhe des werthaltigen Teils des Darlehens ausbilanziell wieder abgerechnet.

Im Urteil vom 15.04.2015 (I R 44/14) hat der BFH entschieden, dass auch Gesellschafterdarlehen, für die ein einfacher Rangrücktritt erklärt wurde, dann nicht oder nicht mehr passiviert werden dürfen, wenn angesichts der Überschuldungslage des Gesellschaft die Tilgung aus dem vorhandenen freien Vermögen ausgeschlossen ist. Im Urteilsfall reichte die Kapitalrücklage als freies Vermögen bei weitem nicht aus, die Schulden der Gesellschaft abzudecken.

Der BGH hatte zwar im Urteil vom 05.03.2015, IX 133/14 ausgesprochen, dass es keines qualifizierten Rangrücktritts mehr bedarf, um die Insolvenzantragpflicht bei festgestellter insolvenzrechtlicher Überschuldung abwenden. insolvenzrechtlich genügt es also, dass das Darlehen auch aus dem sonstigen freien Vermögen getilgt werden kann (einfacher Rangrücktritt). Aber das positive Urteil des BGH nützt in steuerlicher Hinsicht wenig: In den meisten Fällen wird in Krisengesellschaften gar keines oder ein viel zu geringes freies Vermögen vorhanden sein.

Der BFH musste schon 2011 (Urteil vom 30.11.2011, I R 100/10) seine frühere zivilrechtsorientierte Rechtsprechung aufgeben, weil der Gesetzgeber als Reaktion zwischenzeitlich § 5 Abs. 2a EStG eingeführt hat. Die Vorschrift spricht für Verbindlichkeiten, die nur aus künftigen Gewinnen zu tilgen sind (wie eigentlich nur bei ganz weit gefassten Rangrücktritten), abweichend vom Zivilrecht ein Passivierungsverbot aus.

Der BFH wendet in Kapitulation vor dem Gesetzgeber den § 5 Abs. 2a EStG allerdings nun in fast jedem Fall des Rangrücktritts an. Mit der auch steuerlich systemfremden Vorschrift wird die Parallelwelt der reinen Fiskalinteressen weiter ausgebaut, was zu neuen Verwerfungen und zu dauernder Rechtsunsicherheit sprich zu Streitpotential mit dem Finanzamt führt. Denn der BFH nimmt zwar eine Gewinnerhöhung an, geht aber von einer verdeckten Einlage in Höhe der Werthaltigkeit des Darlehens im Überschuldungszeitpunkt aus, die den zunächst hinzugerechneten Gewinn wieder mindert. In Höhe der Werthaltigkeit werde der Rücktritt aus dem Gesellschaftsverhältnis veranlasst und insoweit darf den Gewinn nicht beeinflusst werden. Damit ist der Streit über die Werthaltigkeit von Gesellschafterdarlehen im Krisenfall vorprogrammiert.

Für Gläubiger von Gesellschafterdarlehen stellt sich in erster Linie die Frage, wie kann einerseits die Gewinnbesteuerung in der Krise durch den unsinnigen § 5 Abs. 2a EStG zu verhindert und trotzdem zivilrechtlich die Insolvenzantragspflicht abgewendet werden? Dies jedenfalls dann, wenn der Verlustvortrag die Gewinnerhöhung nicht auffangen kann (also eher selten) oder aber bei der – ebenfalls unsinnigen – Kappung der Verlustverrechnung ab 1. Mio € Verlustvortrag.

Ich persönlich tendiere vorläufig dazu, als Problemlösung den abgemilderten Rangrücktritt bei Gesellschafterdarlehen möglichst früh zu erklären: Die in der Regel zu diesem Zeitpunkt anzunehmende volle Werthaltigkeit des Darlehens bewirkt nach der neuen BFH-Urteil die volle Steuerneutralität, in dem es in diesem Fall eine verdeckte Einlage in voller Höhe anerkennt. Wenn das Darlehen nun konsequent auf Einlage umgebucht wird, begünstigen spätere Rückzahlungen aus der Einlage allerdings tendenziell insolvenzrechtliche Anfechtungsmöglichkeiten. Im Einzelfall sind also Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen. Im Übrigen werde ich die demnächst zu erwartenden Vorschläge der Steuerexperten, wie mit dieser neuen Spreizung zwischen Zivil- und Steuerecht im Mandantensinne am besten umzugehen ist, genau prüfen und gfs. in der Beratung verwenden.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

© nemadesign GbR Stuttgart 2015-2021