Programmierer von Anwendungssoftware und IT-Leiter können Freiberufler sein.

Auch hoch spezialisierte Autodidakten befreit die neuere Rechtsprechung des BFH von der Gewerbesteuerpflicht.

Mit Urteil vom 04.05.2004 (XI R 9/03) hatte der BFH  seine frühere Rechtsprechung aufgegeben und stuft seither nicht nur Akademiker, die Systemsoftware erstellen, sondern auch Programmierer von Anwendungssoftware als Freiberufler ein. Voraussetzung ist jedoch stets dass sie einen „dem Ingenieur ähnlichen Beruf” ausüben.

 

BFH entwickelt nun in drei neueren Urteilen seine Linie zum Freiberuflerstatus für IT-Spezialisten fort. Im Urteil vom 22.09.2009 (VIII R 79/06) hat es der BFH für möglich gehalten, dass ein Autodidakt, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite und Tiefe denen eines Diplominformatikers entsprechen und infolge dessen als Leiter von IT-Projekten tätig ist, einen freien Beruf ausübt. In zwei weitern Urteilen gleichen Datums hat der BFH gleichfalls für einen hoch spezialisierten Autodidakten, der Betriebs- und Datenübertragungssysteme einrichtet und betreut anerkannt (VIII R 63/06) sowie für einen Diplom-Ingenieur für technische Informatik, der als Systemadministrator tätig ist (VIII R 31/07).

 

Der BFH hatte bereits in seinem Urteil vom 04.05.2004 entschieden, dass auch ein mathematisch-technischer Assistent, der selbständig Anwendungssoftware programmierte, freiberuflich tätig sein kann, da zu seiner Ausbildung auch ein umfangreicher mathematischer Teil sowie Informatik gehörte. Ausschlag gebend war ein Gutachten, das die frühere Unterscheidung des BFH zwischen der Programmierung von System- und Anwendungssoftware als technisch überholt ansah. Auch EDV-Fachleute, die sich ausschließlich mit Betriebssystemen beschäftigen, würden auf Module und vorgefertigte Bausteine zurück greifen. Eine prinzipielle Unterscheidung gegenüber Anwendersoftware sei nicht mehr möglich. Da das Finanzgericht als Vorinstanz dem Gutachten dahingehend gefolgt ist, dass der Kläger eine ausreichend hoch qualifizierte Tätigkeit als Programmierer ausübe, konnte der BFH revisionsrechtlich daran nichts ändern.

 

Im Zweifelsfall muss also ein Gutachter entscheiden, ob ein Ingenieur ähnlicher Beruf vorliegt. Zwei Erfordernisse müssen dabei gleichzeitig erfüllt werden:

 

1)    Die Ausbildung des Programmierers muss einem wissenschaftlichen Anspruch genügen (was in der Regel nur durch Fachhochschuldozenten gewährleistet wird).

2)    Technische Werke – hier die Software – müssen auf der Grundlage von natur- und technik-wissenschaftlicher Erkenntnisse geplant und programmiert werden.

 

Der BFH weist jedoch darauf hin, dass damit nicht jeder Programmierer von Anwendersoftware als freiberuflich gelten dürfe. Voraussetzung ist stets, dass der Spezialist qualifizierte Software durch eine ingenieurmäßige Vorgehensweise entwickelt. Es wird also darauf ankommen, als wie komplex und anspruchsvoll die Tätigkeit als Programmierer anzuerkennen ist.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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