Hauptleistung bestimmt in allen Fällen den Steuersatz der Nebenleistung, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt.

EuGH kippt im Urteil vom 04.05.2023 erneut europarechtswidrige deutsche Steuervorschriften.

Der umsatzsteuerliche Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung bedeutet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang nicht künstlich in zwei unterschiedlich zu behandelnde Leistungen aufgetrennt werden darf. Bei einer einheitlichen Leistung ist stets nach der Hauptleistung zu fragen, der sich eine oder mehrere Nebenleistungen steuerlich unterzuordnen haben. Nebenleistungen werden dadurch definiert, dass sie der optimalen Nutzung der Hauptleistung dienen und keinen eigenen davon losgelösten Zweck verfolgen. Dies ist zwar in Abschnitt 3.10 Abs. 3 UStAE in den Grundzügen anerkannt, aber nach der Auffassung des deutschen Gesetzgebers und der Finanzverwaltung sind davon durchaus Ausnahmen zulässig. Sie positionieren sich damit wie so oft gegen die seit 2018 bekannte und diametral gegensätzliche Auffassung des EuGH.

In einem neueren Fall wurde ein Putenmaststall mit entsprechender Ausstattung – im Steuerjargon Betriebsvorrichtungen bezeichnet – steuerfrei verpachtet. Das Finanzamt knapste von der Pacht pi-mal-Daumen 20 % als umsatzsteuerpflichtig ab und berief sich auf § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, der angeblich ein Aufteilungsgebot statuiert. Dies kam selbst dem BFH derart beckmesserisch vor, dass er den EuGH zu dieser Frage anrief. Der EuGH entschied im Urteil vom 04.05.2023 (C-516/21, Finanzamt X) eindeutig, dass in den Fällen von Haupt- und Nebenleistung die Umsatzsteuer ausnahmslos einheitlich nach der Hauptleistung zu bemessen ist (so schon EuGH-Urteil vom 18.01.2018, Rs. Stadion Amsterdam CV – C-463/16). Im Fall die Gebäudeverpachtung folge daraus, dass die Mitverpachtung von Einrichtungen ebenfalls umsatzsteuerfrei zu behandeln ist. Im Beschluss vom 17. 08. 2023 (V R 7/23) ist der BFH diesen Vorgaben gefolgt.

Gesetzgeber und die Finanzverwaltung geben sich jedoch nach wie vor unbeeindruckt von der EuGH-Rechtsprechung und verstoßen damit durchgängig seit mindestens 2018 gegen EU-Recht u.a. mit:

  • 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG (ermäßigter Steuersatz nur für Übernachtungsleistungen)
  • Abschn. 4.12.11 Abs. 2 UStAE: steuerfreie Grundstücksüberlassung und steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen bei Überlassung einer Sportanlage.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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