Steuerfrei vererben in den meisten Fällen möglich - auch ohne vorhersehbar erfolglose Normenkontrollklage der Bayern

Das weiß jeder Steuerberater: Mit frühzeitiger Überlassung von Teileigentum gegen Nießbrauchsvorbehalt können je nach Kinderzahl auch mehrere Mio. € steuerfrei weitergegeben werden.

Weit gehend unbeachtet hat Bayern eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Im Bundesrat lehnten Ende 2022 alle anderen Länder den Vorschlag der Regierungspolitiker aus dem Südosten ab, dass die Freibeträge generell und zusätzlich regional differenziert anzuheben wären. weil das Vererben von Einfamilienhäusern stets steuerfrei bleiben müsse. Mit welchen Vorschriften im Grundgesetz diese populistische Forderung zu begründen ist, wird nicht kommuniziert. Aber selbst die mitgeteilte sachliche Basis ist unzutreffend, weil der Länderfinanzminister im Wahlkampfmodus glaubt, ins Stammtischniveau abtauchen zu müssen. Der Faktencheck fällt in diesem Fall dann auch ziemlich leicht.

Selbst bewohnte Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser bis zu einer Wohnfläche von 200 m2 sind von vornherein von der Erbschaftsteuer ausgenommen. Für vermietete Einfamilienhäuser gilt dies selbstverständlich nicht, warum auch? Das Bundesverfassungsgericht gibt vor, dass vererbte Immobilien annähernd zum Marktwert bewertet werden müssen. Fallen im Süden der Republik die Immobilienwerte regelmäßig höher aus, muss daher die Erbschaftsteuerbelastung mithalten. Die Freibeträge treffen dabei alle Erben gleich, egal ob sie mehr (im Süden) oder weniger (im Norden) erhalten. Eine stichhaltige Begründung für regionale Privilegierungen bei der Erbschaftsteuer ist also nicht einmal im Ansatz zu erkennen.

Ferner begründet die Staatsregierung die Klage damit, dass „viele Erben zum Verkauf gezwungen wären und das finanzielle Lebenswerk der Vorgängergeneration nicht erhalten werden kann.” Damit können allerdings nur Erben gemeint sein, deren Eltern lebzeitig die Immobilie vollständig selbst behalten wollen und den Königsweg der vorzeitigen gfs. teilweisen Erbübertragung mit Nießbrauchsvorbehalt, der den Steuerwert zudem wesentlich reduziert, bewusst ausschlagen. Ist es Aufgabe einer Regierung, den Erben uneinsichtiger Eltern zu helfen? Alle zehn Jahre kann so ein Freibetrag ausgeschöpft werden, der bei zwei beschenkten Kindern bereits 1,6 Mio. €, beträgt, wenn den Eltern die Immobilie gemeinsam gehört. Zählt man den Abzugsposten kapitalisierter Nießbrauchswert hinzu, ist man schnell bei 2 Mio. € steuerfreier Erwerb angelangt, der zudem alle 10 Jahre möglich ist.

Schließlich: Sind die Immobilienpreise signifikant höher, steigt auch das Mietniveau deutlich an. Damit sind Bankdarlehen leichter zu erhalten, mit dem die Erbschaftsteuer unproblematisch finanziert werden kann. Einzige Einschränkung für die glücklichen Erben: die Mietüberschüsse fließen ihnen erst später in voller Höhe zu. Derart harte Fakten findet man in den Regierungsmitteilungen zum Thema, in denen im Übrigen auch von Bundesfinanzminister Linder die Rede ist, nicht.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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