Bewertung des Betriebsvermögens in der Erbschaft- und Schenkungssteuer: Vereinfachtes Ertragswertverfahren und Alternativen

Überhöhte Steuerwerte im Zuge der Neuregelung im Bewertungsgesetz seit 01.01.2009 können vermieden werden.

Seit 01.01.2009 gilt das neue erbschaftssteuerliche „vereinfachte Ertragswertverfahren”, wenn weder ein Börsenkurs ermittelt werden kann, noch der Wert aus zeitnahen (d.h. ein Jahr von dem Bewertungsstichtag) Veräußerungen von Gesellschaftsanteilen abgeleitet werden kann. Es löst das so genannte Stuttgarter Verfahren ab, das in der Regel zu einer Unternehmensbewertung von nur 60 % des wahren Wertes führte.

 

Das vereinfachte Ertragswertverfahren bestimmt den Unternehmenswert, indem der – nicht gewichtete –durchschnittliche Jahresertrag der letzten drei Jahre mit einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert wird. Zur Bestimmung des Faktors wird zunächst die Summe aus einem Festwert von 4,5 % und dem zu Anfang eines Jahres von der Deutschen Bundesbank errechneten Basiszinssatz gebildet (§ 203 Abs. 2 BewG; Der Basiszinssatz wird aus langfristig erzielbaren Renditen öffentlicher Anleihen abgeleitet). Aus dieser Summe wird der reziproke Wert gebildet, der dann den maßgeblichen Kapitalisierungsfaktor darstellt.

 

Beispiel: Für das Jahr 2009, für den ein Basiszinssatz von 3,61% gilt:

4,5 % + 3,61% = 8,11%

1/ 0,0811 = 12,33

 

Bei einem Durchschnittertrag von 100.000 € ergibt sich also ein Unternehmenswert von 1,233 Mio €!

 

Für 2010 gilt sogar ein Basiszinssatz von 3,98 % (BMF-Schreiben vom 05.01.2010; DStR 2010, 55).

 

Damit es die Durchschnittsberechnung aussagefähiger wird, müssen aus den maßgeblichen Jahreserträgen folgende Gewinn beeinflussende Faktoren ausgeschieden werden:

 

Das Ergebnis

- aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen,

- aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen,

- aus Beteiligungen an anderen Gesellschaften,

- aus Betriebsvermögen, das innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Bewertungsstichtag in das Betriebsvermögen eingelegt wurde (Missbrauchsgefahr),

Investitionsabzugsbeträge sowie

 

außerordentliche Einkünfte (etwa aus Anlagenverkäufen),

Abschreibungen für den Geschäftswert und

sämtliche Ertragssteueraufwendungen

 

Die Steueraufwendungen werden nach diesen Hinzu- und Abrechnungen lediglich mit einem pauschalen Wert von 30 % angesetzt (§ 202 Abs. 3 BewG; bereits ab einem Gewerbesteuersatz von 380 Prozentpunkten fällt dieser pauschale Steuersatz viel zu niedrig aus).

 

Weitere Problempunkte des neuen Ertragswertverfahrens sind, dass mangels Gewichtung der drei Jahreserträge eine schwindende Gewinnsituation des Gesellschaft nicht abgebildet wird und ein hoher Verschuldungsgrad der Gesellschaft überhaupt nicht in die Bewertung einfließt. Ferner sind in Zeiten schwacher Konjunktur, in den die Ertragsaussichten gewöhnlich nicht rosig sind, die Zinsen meist niedrige. Wegen des zur Zinshöhe reziprok gebildeten Kapitalisierungsfaktors ist dann der Unternehmenswert automatisch um so höher. Folge: In schlechten Konjunkturlagen mit einhergehenden Niedrigzinsphasen werden die Betriebe wertvoller bewertet, was zwar einer schematischen Zinslogik nicht aber den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht.

 

Aus all den genannten Gründen führt dieses Verfahren also in vielen Fällen zu überhöhten Bewertungen. Deshalb ist steuerlich in jedem Fall auch die Wertbestimmung nach einer anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methode zulässig.

 

In Einzelfällen ist aber ein hohes Ergebnis aus dem Ertragswertverfahren vorteilhaft: Dann nämlich, wenn es um die Frage geht, ob der Betrieb wegen eines zu hohen Anteils an reinem Verwaltungsvermögen aus der Begünstigung der Erbschaftssteuerbefreiung unter Vorbehalt der Arbeitsplatzerhaltung betroffen wird.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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