Arbeitszimmer: Voller Abzug bei Außendiensttätigkeit ohne Arbeitsplatz beim Arbeitgeber nur sehr eingeschränkt möglich

Entscheidend ist nach der BFH-Rechtsprechung eine qualitative Bewertung, ob im Arbeitszimmer das Schwergewicht der Leistung erbracht wird.

Arbeitszimmerkosten werden in voller Höhe nur noch anerkannt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bildet. Das bedeutet, dass diese Voraussetzung bei mehreren Tätigkeiten – etwa einmal nicht selbständig und einmal eine gewerbliche Nebentätigkeit – in der Gesamtschau der Tätigkeiten erfüllt sein muss (siehe Steuertipp „Arbeitszimmer: Voller Abzug der Kosten nur bei Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit"). Insoweit hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 06.07.2010 (2 BvL 13/09) keine Gleichheitswidrigkeit der Gesetzesänderung festgestellt.

 

Die Rechtsprechung hat den vollen Abzug der Kosten auch bei einer Handelsvertreterin (Produkt- und Fachberaterin) im Außendienst abgelehnt, weil sich die berufliche Tätigkeit entscheidend in Räumen der Kunden abspiele (BFH VI R 82/01; ebenso bei einem Architekten mit Bauüberwachung neben der Planung der Bauwerke (BFH Urteil vom 26.06.2003, IV R 9/03) und bei einem Bank-Bezirksleiter im Außendienst ‚(Urteil des FG Baden-Württemberg vom 02.05.2011, 10 K 1319/08). Steht kein Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zur Verfügung, verbleibt es immerhin noch bei der Abzugsfähigkeit der Arbeitszimmerkosten bis 1.250,00 €.

 

Anders hat die Rechtsprechung bei einem Verkaufsleiter im Außendienst entschieden, der die wesentlichen Leistungen (Organisation der Betriebsabläufe) zu Hause erbringt, (BFH, VI R 104/01) ebenso bei einem Ingenieur im Außendienst, der die Konzepte zu Hause entwirft (BFH, VI R 82/02). Entscheidend ist nicht das zeitliche Überwiegen sondern eine qualitative Bewertung, wo das Schwergewicht der Leistung erbracht wird. So hat das Finanzgericht Münster im Urteil vom 05. 03. 2015, 5 K 980/12 E, den Schwerpunkt der Tätigkeit des Handelsvertreters im Büro verortet und den vollen Kostenabzug zugelassen.

 

Im Fall hatte ein Handelsvertreter nicht nur nachgewiesen, dass er mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer mit der Vorbereitung der Kundenbesuche verbracht hat sondern auch, dass darin auch der inhaltliche Schwerpunkt seiner Tätigkeit zu sehen war: im Bereich individueller Bedarfsermittlung sowie telefonischer Kundenakquise und -pflege. Im Übrigen wurden neue Produkte in seinem Vertriebsbereich nicht bei den Kundenbesuchen, sondern im Rahmen von Messen vorgestellt.

 

aktualisiert 16.06.2015


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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