Abfindungsklauseln, die hilfsweise auf steuerliche Bewertungsvorschriften verweisen, sind zulässig

BGH bestätigt ausdrücklich, dass eine zunächst zulässige Nominalwertklausel wegen des erheblich gestiegenen Gesellschaftswertes später rechtsunwirksam werden kann.

Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Deshalb ist es besonders wichtig, schon bei Gründung einer Gesellschaft eine verlässliche Regelung für ausscheidende Gesellschafter zu finden, die im Ernstfall den Beteiligten Rechtssicherheit verschafft. Abfindungsklauseln, die dem Gesellschafter nur den Nominalwert des Anteils zubilligen, schonen zwar das Gesellschaftsvermögen, benachteiligen aber den ausscheidenden Gesellschafter bei erheblich gestiegenen Unternehmenswerten so stark, dass sie nur in gewissen Grenzen rechtswirksam sind. Wird der ausscheidende Gesellschafter infolge der erheblichen Wertentwicklung der Gesellschaft unangemessen benachteiligt, darf nach der Rechtsprechung eine Nominalwertklausel nicht mehr angewandt werden. Die Beratungspraxis implementiert für den Fall der Unzulässigkeit der Nominalwertabfindungsklausel seit einiger Zeit hilfsweise ein steuerliches Bewertungsverfahren (früher Stuttgarter Verfahren jetzt Ertragswertverfahren) oder davon abgeleitete Werte.

 

Der BGH hat im Urteil vom 27.09.2011 (II ZR 279/09) diese Praxis ausdrücklich gebilligt. Im entschiedenen Fall lautete die Klausel: „Der Gesellschafter erhält eine Abfindung in Höhe des nominellen Eigenkapitals der Gesellschaft im Sinne der handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Sollte die Anwendbarkeit dieser Bestimmung gesetzlich nicht zulässig sein, berechnet sich die Abfindung nach dem gemeinen Wert, der sich nach dem so genannten Stuttgarter Verfahren ergibt.”

 

Unsicherheit bleibt nun nur noch hinsichtlich der Frage, wann eine erhebliche Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile eingetreten ist und damit eine ursprünglich zulässige Nominalwertklausel unwirksam wird. Meines Erachtens lässt sich die Frage, wann das Gesellschaftserhaltungsinteresse (dann Nominalwertklausel zulässig) oder das wirtschaftliche Interesse eines ausscheidenden Gesellschafters, der mit seinen Leistungen zur Wertsteigerung beigetragen hat, überwiegt (dann Nominalwertklausel unzulässig), nicht anhand einer einfach zu handhabenden Formel beantworten.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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