Sehr geehrte Mandantinnen und Mandanten,
ein besonders ärgerlicher Taschenspielertrick des Steuergesetzgebers ist die rückwirkende Änderung von Steuergesetzen nach dem Motto: Leute, macht eure Rechnung nicht ohne den Wirt, der immer erst am Jahresende abrechnet! Darf man in einem Rechtsstaat nicht auf die Geltung bestehender Gesetze vertrauen? Nein, in diesem Falle nicht, dekretieren die Rote-Roben-Richter aus Karlsruhe, das sei gar keine echte Rückwirkung, weil der Bestand von Steuergesetzen bis zum Jahresende immer von der Gnade des Parlaments abhängen darf. Investitionssicherheit? Papperlapp! Als schöne Bescherung entpuppte z.B. die rückwirkende Steuerbefreiung von kleineren Haussolaranlagen und damit der Verlust des Vorsteuerabzugs aus der kostspieligen Anschaffung im Rahmen der Jahressteuererklärung. Die Begründung des Finanzamts für diesen Vermögensschaden ist an Zynismus nicht zu überbieten: Man hätte den Vorsteuerabzug ja im Laufe des Jahres bei der Umsatzsteuervoranmeldung geltend machen können. Kann man sich nun die Umsatzsteuer, die rückwirkend gar nicht ausgewiesen werden durfte, vom Solaranlagenanbieter zurückholen? Nein, der darf eine Rechnungskorrektur ablehnen, denn er hat die Umsatzsteuer bereits ans Finanzamt abgeführt und bekommt sie auch nicht zurück.
RA Peter Eller und sein Kanzleiteam
1. Abgabe- und Zahlungstermine November 2024
- Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober 2024 (ohne Dauerfristverlängerung) oder für September bzw. das 3. Quartal 2024 (mit Dauerfristverlängerung) und
der Lohnsteueranmeldung Oktober 2024: 11.11.24 (Mo)
- Schonfrist für Zahlung vorstehender Steuern (Eingang auf Finanzamtskonto): 14.11.24 (Do)
- Gewerbesteuervorauszahlung 4. Quartal 2024: 15.11.24 (Fr)
Achtung Freitagsfalle! Überweisung bereits am Donnerstag den 14.11.2024 veranlassen.
- Schonfrist für Zahlung (Eingang auf dem Konto der Gemeinde): 18.11.24 (Mo)
- Abgabe der ZM für November 2024 (bei monatlicher Abgabe) 25.11.24 (Mo)
2. Abgabe- und Zahlungstermine Dezember 2024
- Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für November 2024 (ohne Dauerfristverlängerung) oder für Oktober 2024 (mit Dauerfristverlängerung) und
der Lohnsteueranmeldung November 2024: 10.12.24 (Di)
- Einkommensteuer- und Solidaritätszuschlagsvorauszahlung 4. Quartal 2024 10.12.24 (Di)
- Schonfrist für Zahlung vorstehender Steuern (Eingang auf Finanzamtskonto): 13.12.24 (Fr)
- Abgabe der ZM für November 2024 (bei monatlicher Abgabe) 25.12.24 (Mi)
3. Jahressteuergesetz 2024: Entlastung angekündigt bei Steuertarif und Familienförderung
Das Jahressteuergesetz 2024 schmückt sich mit dem schönen Titel „Steuerfortentwicklungsgesetz”. Herr Lindner hat darin eine ganze Reihe von Steuererleichterungen, z.B. beim Existenzminimum und der Familienförderung untergebracht. Ab den Jahren 2025 und 2026 soll insbesondere auch der kalten Progression entgegengewirkt werden. Zur Erläuterung: der progressive Steuersatz lässt die Steuerlast mit steigenden Einkommen überproportional ansteigen (bis zu 42 % bzw. 45 %), durch die kontinuierliche Geldentwertung, seit 2022 wieder relativ heftig, ist das höhere Einkommen real aber nicht mehr wert. Die Steuerentlastung soll insgesamt 12 Mrd. € in den Jahren 2025 und 2026 betragen. Die Einzelheiten teile ich erst mit, wenn das Gesetzgebungsverfahren den Bundesrat passiert hat. Nach den Erfahrungen von Lindners Entlastungsgesetz 2023, das im Bundesrat erheblich entschärft wurde, verzichte ich auf Ankündigungen, die möglicherweise zu korrigieren sind. Mit Sicherheit haben die Ministerialen auch wieder ein paar rückwirkende Verschlechterungen versteckt.
4. BFH hegt ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der 6-%-AdV-Zinsen ab 2012
Mit zehn Jahren Verspätung hegt nun auch der weit gehend entmachtete und deshalb übervorsichtige Bundesfinanzhof ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der 6-prozentigen AdV-Zinsen ab 2012 und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Diese Zinsen fallen an, wenn zwar die Aussetzung der Vollziehung von Steuernachforderungen gewährt wurde, der Einspruch letztendlich jedoch ganz oder teilweise nicht erfolgreich war und damit die Steuern schon bei der ursprünglichen Fälligkeit zu entrichten waren. Die Höhe der 6-%-Zinsen für „späte” Steuerkorrekturen nach § 233a AO hat das Bundesverfassungsgericht 2022 in beispielloser Nachsicht für die Finanzverwaltung erst ab 2018 verworfen. Es wird wiederum Jahre dauern, bis sich dieses Gericht in dieser fast identischen Fragestellung zu einer Entscheidung durchringt. Bis ein zu erwartender Vorläufigkeitsvermerk in den AdV-Zinsnachforderungsbescheiden aufgenommen wird, werden wir ab sofort gegen alle AdV-Zinsbescheide Einspruch einlege
5. Doppelte Energiepreispauschale 2022 für Rentenbezieher mit zusätzlichen Einkünfte
Die Energiepreispauschale wird bei Rentenbeziehern, die zusätzlich Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Tätigkeit beziehen, doppelt ausgezahlt, bei den selbstständigen Tätigkeiten als steuerpflichtiger Hinzurechnungsbetrag und in gleicher Höhe als Abzugsbetrag von der zu zahlenden Einkommensteuer. Den fleißigen Rentnern ist dieses Steuergeschenk von Herzen zu gönnen, sachlich begründen lässt sich diese Privilegierung nicht. Der einzige Grund für die Ungleichbehandlung ist, dass andernfalls die praktische Umsetzung des erst im November 2022 erlassenen Gesetzes extrem schwierig ausgefallen wäre. Die Doppelbegünstigung ist im DATEV-Programm auch derart missverständlich umgesetzt worden, dass unsere Einträge in Einzelfällen nicht korrekt waren. Manche Rentenbezieher haben die Zusatzeinnahme nicht einmal bemerkt. Bei zusätzlich zu den Rentenbezügen beschäftigten Arbeitnehmern ist die Energiepreispauschale im Bruttolohn enthalten und wurde vom Arbeitgeber bereits an die Arbeitnehmer ausgezahlt (mit Refinanzierung durch Kürzung der Lohnsteuer). In diesem Fall erscheint die zusätzliche Energiepreispauschale nicht in der Steuerberechnung.
6. Höhere Pfändungsfreigrenzen seit 01.07.2024
Seit 01.07.2024 gelten höhere Pfändungsfreigrenzen. Der unpfändbare allgemeine Betrag steigt von 1.402,28 € auf 1.491,28 € und zusätzlich für die erste unterhaltsberechtigte Person von 527,26 € auf 561,43 €. Pro zweiter bis fünfter unterhaltsberechtigter Person steigt die Pfändungsfreigrenze von 249,02 € auf 312,78 €.
RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de