Die Restnutzungsdauer einer angeschafften Bestandsimmobilie kann nach den Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung geschätzt werden.

FG Münster verwirft eine Reihe von zusätzlichen Anforderungen der Finanzverwaltung und lässt die Revision nicht zu.

Wer eine gebrauchte Immobilie kauft, kann den Gebäudeanteil aus einem einheitlichen Kaufpreis über die standardisierte Restnutzungsdauer von 50 Jahren abschreiben. Die tatsächliche Restnutzungsdauer wird jedoch vor allem bei älteren Gebäuden in vielen Fällen sehr viel kürzer ausfallen. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG kann deshalb eine kürzere Nutzungsdauer geltend macht werden (BFH, Urteil vom 28.07.2021, IX R 25/19). Die sehr engen Vorgaben der Finanzverwaltung zu diesem Punkt hat das FG Münster, gestützt auf die laufende BFH-Rechtsprechung, im Urteil vom 02.04.2025 (14 K 654/23 E) verworfen. 

Zunächst erkennt es die in einem Sachverständigengutachten ermittelte kürzere Restnutzungsdauer an, sofern das Gutachten nach den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung erstellt ist. Eine wirtschaftliche Bestimmung der Restnutzungsdauer ist danach zulässig, so dass es auf den technischen Verschleiß eines Gebäudes nicht ankomme. Das Ergebnis stellt dabei in zulässiger Weise immer einen Schätzwert dar. Dieser ist jedoch anzuerkennen, sofern er nach den Vorschriften der Verordnung fehlerfrei ermittelt wurde. Das Gericht musste über einen weiteren Streitpunkt, nämlich ob der Gutachter das Gebäude selbst besichtigen muss, nicht mehr entscheiden. Es tendiert jedoch dazu, diese Frage zu bejahen.

Ferner ist das Ergebnis des Gutachtens laut FG vom Finanzamt zu übernehmen, auch wenn der Gutachtenersteller nicht nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert ist. Denn diese Voraussetzung findet sich weder in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG noch leitet dies die BFH-Rechtsprechung daraus ab. Nur im – hier nicht einschlägigen – § 198 Abs. 2 Bewertungsgesetz wird diese zusätzliche formelle Anforderung ausdrücklich geregelt. 

Schließlich hat das FG die Revision nicht zugelassen, da der BFH alle entscheidungserheblichen Fragen bereits eindeutig entschieden hat und anderweitige Auffassungen in BMF-Schreiben keinen Revisionszulassungsgrund darstellen. Es steht daher zu befürchten, dass die Ministerialauffassung in einem der nächsten berüchtigten Jahressteuergesetze fröhliche Urstände feiern wird.

 

 


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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