Kindergeld und Kinderfreibetrag: bei der Verdienstgrenze alle zulässigen Abzüge abziehen.

Der Bundesfinanzhof berücksichtigt Sozialversicherungsbeiträge, freiwillige Beiträge für gesetzliche und private Krankenversicherungen, nicht aber für die VBL-Pflichtversicherung.

Die Jahreshöchstgrenze von 8.004 € (2010) an eigenen Bezügen der Kinder darf nicht überschritten werden, um die Ansprüche auf Kindergeld bzw. den Ansatz der Kinderfreibeträge nicht auszuschließen. Bei der Feststellung der maßgeblichen Bezüge sind gewisse Abzüge im Hinblick auf Kosten, die zwangsläufig anfallen, zulässig.

 

Der Bundesfinanzhof berücksichtigt dabei die Beiträge zur privaten Krankenversicherung (Urteil vom 14.12.2006, III R 24/06) ebenso wie die Beiträge zur obligatorischen oder auch freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung (Urteil vom 16.11.2006 – III R 74/05). Begründet wird dies damit, dass diese zwangsläufig anfallen und so die maßgeblichen Nettobezüge des Kindes vermindern.

 

Nicht abgezogen werden können nach einem zweifelhaften Urteil des Bundesfinanzhofes vom 17.06.2010 (III R 59/09) Pflichtbeiträge zur VBL-Pflichtversicherung. Die Begründung ist hanebüchen: da die Pflichtversicherung tarifvertraglich geregelt sei, müsse sich der Arbeitnehmer das Ergebnis der Tarifparteien zurechnen lassen müssen. Es handle sich nicht um eine gesetzliche Abzugsverpflichtung, die für die Bestimmung der Grenze von 8.004 € maßgeblich ist.

 

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits in einer Entscheidung vom 11.01.2005 (2 BvR 167/02) festgestellt, dass für die Feststellung der Einkommensgrenze von Kindern im Hinblick auf die Bezugsberechtigung von Kindergeld bzw. dem Ansatz von Kinderfreibeträgen die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung des Kindes abzuziehen sind. Der anders lautende § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG benachteiligt gleichheitswidrig Kinder mit sozialversicherungspflichtigen Einkünften bzw. deren Eltern gegenüber Kindern ohne sozialversicherungspflichtige Einkünfte. Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung vom Arbeitgeber einbehalten werden und daher den Kindern tatsächlich nicht zur Verfügung stünden. In dieser Höhe müssten die Eltern daher Barmittel aufwenden, so dass deren Belastung steuerlich bzw. im Hinblick auf den Bezug von Kindergeld zu berücksichtigen sein muss.

 

Da das Gericht auf die tatsächlich beim Kind zugeflossenen Mittel abstellt, ist auch die Anwendung der Afa-Vorschriften bei Kindern mit Einnahmeüberschuss-Einkünften zweifelhaft. Bei einer Barinvestition steht nicht nur der anteilige Jahres-Afa-Betrag nicht mehr zur Verfügung sondern der gesamte abgeflossene Aufwand.

 

(Siehe hierzu auch Steuertipp: Kindergeld und Kinderfreibetrag: auch steuerfreie Einkommensteile des Kindes zählen zum Grenzbetrag von 8.004 € dazu)


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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