Stammeinlage: Einzahlungsnachweis kann auch durch Indizienbeweis geführt werden

Erhält ein GmbH-Käufer ein Einzahlungsnachweis nicht ausgehändigt, sollte er auf eine Zusicherung des Verkäufers bestehen.

Insolvenzverwalter verlangen regelmäßig von den Gesellschaftern den Nachweis der Einzahlung der Stammeinlage. Ist diese, wie in vielen Fällen, nicht vollständig erbracht, wird als erstes der Differenzbetrag von den Gesellschaftern eingefordert. Liegt die Gründung einer Gesellschaft lange Zeit zurück, sind die regulär aufbewahrten Kontoauszüge – meist nach 10 Jahren – bereits vernichtet. Die Beweislast für die Einzahlung liegt dabei zwar beim Gesellschafter: kann er die Einzahlungen nicht nachweisen, haftet er dem Insolvenzverwalter auf volle Einzahlung, und das auch noch nach Jahrzehnten. Allerdings wird ihm nach einem Hinweisbeschluss des BGH vom 09.07.2007 (II ZR 222/06) die Beweisführung dadurch erleichtert, dass auch Indizien für eine vollständige Einzahlung ausreichen. Dazu zählen Erläuterungen in notariellen Urkunden, Jahresabschlüssen und Geschäftsunterlagen der GmbH (etwa „Das voll eingezahlte Stammkapital beträgt ...”; Anders noch OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.07.2005, 1 U 109/05; OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.04.2006, 4 U 156/05). Der Insolvenzverwalter muss dann laut BGH den Gegenbeweis anbieten.

Ferner kann ein solcher Beweis auch durch Zeugenaussagen geführt werden (Urteil des OLG Zweibrücken 06.10.2005, 4 U 273/04). Es empfiehlt sich jedoch allemal, in der Stammakte der Gesellschaft, in der die Satzung einschließlich aller Änderungen und die Gesellschaftsbeschlüsse aufbewahrt werden sollten, auch die Einzahlungsbelege für die Gesellschafter aufzubewahren und eine Kopie davon bei jedem Gesellschafter persönlich. Von Vorteil erweist sich in solchen Konstellationen auch, wenn sich der beurkundende Notar nicht nur die Einzahlung zusichern lässt, wie regelmäßig ausreichend, sondern selbst eine Kopie des Einzahlungsbeleges zu den Akten nimmt.

Eine weitere Gefahr droht, wenn eine GmbH gekauft wird. Hatte der frühere Eigentümer oder der Gründer die Stammeinlage nicht voll eingezahlt, so kann der Insolvenzverwalter auch den letzten Eigentümer in Anspruch nehmen, obwohl in den Bilanzen der Gesellschaft Stammkapital als voll einbezahlt verbucht wurde. Kann die Einzahlung jedoch nicht nachgewiesen werden, bleibt nur die Möglichkeit, den GmbH-Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung (falscher Ausweis in der Bilanz) anzufechten. Ob durch die Anfechtung bereits der dingliche Verfügungsakt der Anteilsübertragung nichtig ist, beurteilen die Gerichte unterschiedlich (ablehnend AG Hannover, rechtskräftiges Urteil vom 16.11.2005, 556 C 10940/05). Da die Insolvenzverwalter standardmäßig den Nachweis der vollständigen Einzahlung des Stammkapitals verlangen, sollte sich jeder Erwerber einer GmbH vom Veräußerer verschuldensunabhängig zusichern lassen, dass er für die volle Einzahlung des Stammkapitals persönlich haftet.

Der BGH hat nämlich in einem Beschluss vom 09.07.2007 (II ZR 222/06) zugunsten des Erwerbers entschieden, dass der auf die im Kaufvertrag enthaltene Zusicherung der Volleinzahlung der Einlagen vertrauen darf. Im Streitfall hatte der Erwerber Geschäftsanteile neun Jahre nach der Gründung der GmbH gekauft. Ihm konnte also vom Insolvenzverwalter das Fehlen von Einzahlungsbelegen nicht vorgehalten werden.


RA und Fachanwalt für Steuerrecht Peter Eller, München, www.msa.de, eller(at)msa.de

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